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Sonntag, 25. Mai 2014

The second machine age und entrepreneurship

In nicht wenigen Blogbeiträgen bin ich zuletzt auf "The second machine Age" von Brynjolfsson und McAfee eingegangen. Jetzt bin auch mit dem Lesen endlich durch, und muss sagen: ein tolles Buch, interessante bis brilliante Analyse der digitalen Wirtschaft und Gesellschaft, aber schwacher Blick auf Handlungsoptionen, um mit den Herausforderungen dieser digitalen Wirtschaft und Gesellschaft umzugehen.

Für jeden Einzelnen von uns empfehlen die beiden Autoren vor allem anderen eine gute Bildung. Da die wirklich schlauen Jobs kurzfristig nicht ersetzt werden, würden Menschen mit entsprechenden Bildungsvoraussetzungen weiterhin gesucht. Am besten mit einer kreativen Problemlösungsfähigkeit, wie sie nach Ansicht der beiden Autoren in Montesori-Schulen besonders gut gedeiht. Und dann noch mit MOOCs, also mit einem besseren Zugang zu hochwertiger Bildung durch Technologie. Letztlich ist das Rat an die (zuvor als verschwindend skizzierte) Mittelschicht, durch noch mehr Bildung dem ökonomischen Druck der Automatisierung und Digitalisierung zu begegnen. Das ist auch das Rezept, welches in Deutschland immer als Antwort die Herausforderungen etc. präsentiert wird. Sicher alles richtig, aber doch ein bisschen unspezifisch und lau...

Für die Politik empfehlen die Autoren die üblichen Rezepte, um Wachstum zu fördern. Neben Bildungsinvestitionen und Reformen des Bildungssystems (und Infrastrukturinvestitionen und Investitionen und Forschung) ist das vor allem eine verstärkte bzw. verbesserte Gründungsunterstützung für Hightech-Startups. Warum das gegen die negativen Effekte der Digitalisierung helfen soll, wird nicht deutlich. Sind es nicht gerade die Hightech-Firmen, die zur Winner-takes-it-all Wirtschaft entscheidend beitragen?

Interessanter Weise sieht die Situation für Hightech-Gründer in den USA gar nicht so rosig aus, wie die in Deutschland rezipierten Beispiele von Google, Amazon und Co. immer erwarten lassen. In WIRED wurde kürzlich ein Blogartikel zur zurückgehenden Gründungsrate veröffentlicht, der auf einer Studie der Kauffman-Foundation beruht und beschreibt, dass die Gründungsrate im Hightech-Bereich in den USA seit Anfang der 2000er Jahre zurückgeht. Das ist mal eine interessante Meldung, schließlich wird uns in Deutschland mit unserer immer noch fußlahmen Gründerszene (ja, ja, Berlin boomt, aber trotzdem ist das alles immer noch eher Sparflamme) immer die USA als das Eldorado der Gründungskultur präsentiert.

Interessant: einerseits eine wachsende Durchdringung unserer Wirtschaft und Gesellschaft mit den Konsequenzen der Digitalisierung, gleichzeitig eine schwächelnde Hightech-Startup -Szene in Europa wie in den USA. Ist auch das ein Merkmal der Winner-takes-it-all Ökonomie? In dem Zusammenhang fällt mir ein, dass die EU in ihrem European Union Scoreboard, dem jährlichen Bericht zur Messung der Innovationsfähigkeit der Mitgliedstaaten, gerade einen neuen Indikator zu jungen, schnell wachsenden Technologieunternehmen eingeführt hat. Wenn nun der Start-up-Motor neu zu bewerten ist, weil die digitale Wirtschaft entgegen aller Intuition nicht zwangsläufig zu mehr Hightech-Gründungen führt, dann ist das vielleicht der falsche Indikator. Oder genau der richtige, weil er auf das Merkmal schnell wachsend abhebt und damit die Rate der zukünftigen Winner zu messen versucht, die "alles nehmen"?

P.S.: auch zum analytischen teil von Brynjolfsson und McAfee gibt es durchaus kritische Stimmen, zum Beispiel auch zur zentralen These, dass die Digitalisierung Arbeitsplätze im produzierenden Gewerbe weltweit vernichtet. Hier ein Blogbeitrag, der aufgrund chinesischer und amerikanischer Zahlen deutliche Zweifel hat.

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