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Donnerstag, 11. August 2016

Was wäre wenn? Foresight-Stories

Heute habe ich per Podcast eine längere Podiumsdiskussion zum Brexit und der Wissenschaft bei Dradio Wissen nachgehört, die mich in mehrfacher Hinsicht zum Nachdenken gebracht hat. Es diskutierten Prof. Görner und Prof. Strohschneider, unter anderem über englische (und andere) Populisten. Diese zeichneten sich nicht nur durch ihre Vorlieben für einfache Erklärungsmuster aus, sondern auch durch ein tendenziell wissenschaftsfeindliches Grundverständnis. Riefen sie heute noch Parolen von Lügenpresse, so könnte das morgen schon die Lügenwissenschaft sein.

Alles sehr unappetitlich, aber dann doch auch aus Sicht der Diskutanten auch eine Reaktion auf ein technokratisches Politikverständnis in London und Brüssel, welches die beiden Herren dann flugs gleichsetzten mit einem ökonomischen Imperativ, der kurzfristigen wirtschaftlichen Mehrwert für alles einfordert und demokratische Diskurse gefährdet. Diese Stilisierung des Technokratentums klang in meinen Ohren allerdings nur graduell besser als bei den zuvor gescholtenen Populisten.  

Ebenso einig waren sich die beiden Professoren über ihr Entsetzen angesichts der kopflosen Reaktionen der Brexit-Befürworter. Kaum hätten sie gemerkt, dass sie sich verzockt haben, hätten sie sich aus der Verantwortung gestohlen. Eine klare Vorstellung vom Szenario des Europaaustritts, von den Handlungsmöglichkeiten und Handlungsnotwendigkeiten, hätte bei den politischen Entscheider nicht vorgelegen.

Handelt es sich auch hier um den klaren Fall des Versagens bei der Politikberatung? Ich weiß es nicht, ich kenne die britische Landschaft der Politikberatung nicht gut genug. Auf jeden Fall sind mir in diesem Zusammenhang wieder die jüngsten Foresight'Studien der Stiftung Wissenschaft und Politik in Erinnerung gekommen. Die wohl durchaus kontrovers diskutierte Studie zu möglichen Entwicklungen in Russland, und die übergreifende Studie zu Szenarien der internationalen Politik.

Der Brexit übrigens kommt als internationale szenario in letztgenannter Studie nicht vor. Dafür hatte sich die Zeit in einem ein wenig ironisch gemeinten Artikel, der vor der eigentlichen Brexit-Entscheidung erschienen ist, an so etwas wie ein Szenario gewagt.

Doch nun zuletzt noch einmal auf die britischen Inseln und zu ihrer Foresight-Kultur. Wirkliche rundrum gelungen finde ich die folgende Übung in Zukunfts-Vorausschau: Der Economist veröffentlichte im Mai seine jährliche Sammlung "The World if ", in der er nicht nur einen Blick in die Kristallkugel möglicher Zukünfte wirft, sondern auch alternative Verläufe der Geschichte skizziert. Was wäre zum Beispiel gewesen, wenn sich die beiden Hälften Deutschlands nicht wiedervereinigt hätten.

Außerdem ist für ihn Teil von Foresight auch ein Blick in Technologieentwicklung und gesellschaftliche Trends. Was wäre zum Beispiel, wenn Algorithmen Gesetze schrieben? Sehr spannend! Technologieentwicklung und soziale Trends schließlich sind Perspektiven, die deutsche Foresight-Prozesse in der Innovationspolitik abgedeckt haben. Womit ich am Ende dann doch noch glücklich den Bogen zur Innovationspolitik hinbekommen habe.

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